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Serie Frauenmedizin: Für eine stabile Mitte
Hallo Beckenboden, wo bist du? Frauen registrieren ihn meist in der Schwangerschaft oder wenn sie den Harn nicht mehr komplett halten können. Männer, wenn sich Erektionen nicht mehr easy einstellen oder sie eine Prostata-OP hatten. Doch der „Liebesmuskel“ verdient deutlich mehr Aufmerksamkeit.
Was ist der Beckenboden überhaupt?
Zur Veranschaulichung hilft das Bild einer straff gespannten Hängematte und darauf liegend die Organe des Bauchraums. Der Beckenboden verleiht also im besten Fall dem unteren Becken seine Stabilität und Halt. Er ist anatomisch betrachtet ein großer Muskel und besteht zudem auch aus Bändern und Bindegewebe. Der Muskel fächert sich in drei Schichten auf, zum einen die kräftige Längsebene vom Steißbein bis zum Schambein. Darunter die Querverbindung zwischen den beiden Sitzbeinhöckern und schließlich umschließt er drittens ganz zuunterst wie eine liegende Acht beim weiblichen Geschlecht vorne Harnröhre plus Scheide und bei Männern und Frauen zudem den Bereich um den Anus.
Wie erspüre ich den Beckenboden?
Das ist am Anfang gar nicht so einfach, lässt sich aber schnell trainieren. Und unbedingt sollten Sie erst in der Lage sein, die Beckenboden-Muskelgruppe gezielt anzusteuern, bevor Sie sich an eine Kräftigung wagen. Meist hilft es, beim Wasserlassen auf der Toilette den Schließmuskel kräftig anzuspannen und dabei zu versuchen, den Wasserstrahl zu stoppen. Wenn Ihnen das gelingt, haben Sie Ihren Beckenboden aktiviert.
Wer profitiert von einem Training des Beckenbodens?
Spätestens in der Rückbildung treten junge Mütter circa acht Wochen nach der Entbindung mit ihrem Beckenboden in Kontakt. Doch für beide Geschlechter lohnt sich ein bewusstes Training der Körpermitte. Der Beckenboden wird nicht von ungefähr umgangssprachlich auch als „Liebesmuskel“ tituliert. Männer, die ihren Beckenboden stärken, beugen optimalerweise Impotenz vor. Auch bei den Frauen erhöht ein gut funktionierender Beckenboden die Freude am Sex. Da die eigentlich straff gespannte „Hängematte“ durch Schwangerschaft und Geburt ausleiert und sich im normalen Alterungsprozess die weibliche Blase sowie Gebärmutter gerne mal nach weiter unten absenken, schützt ein stabiler Beckenboden vor Inkontinenz. So verlieren Sie nicht bei plötzlichem Niesen oder einem Hustenanfall tröpfchenweise Urin. Eine starke Körpermitte ist überdies gut für das Aufrichten der Skelettmuskulatur und für einen aufrechten Gang und somit eine probate Prophylaxe für Rückenbeschwerden.

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Was kann ich im Alltag tun?
Das Gute ist, es sieht keiner, wenn Sie sich mit Ihrem Beckenboden beschäftigen: Und dabei lassen sich Wartezeiten – an der Kasse, am Bahnhof, im Wartezimmer, beim Autofahren an der Ampel, im Stau – sinnvoll gestalten: Beckenboden an- und entspannen, mehrmals nacheinander. Oder probieren Sie den Beckenboden hochzuziehen, als ob Sie einen Fahrstuhl vom Schambereich Richtung Bauchnabel nach oben schicken. Wenn Sie eine schwere Kiste Wasser anheben, immer zuerst den Beckenboden aktivieren, das unterstützt auch die Muskulatur im unteren Rücken. Und damit ja kein Malheur passiert beim Niesen oder Husten, drehen Sie den Kopf und Oberkörper über die Schulter nach hinten, der Beckenboden freut sich über die Entlastung. Zudem sinnvoll sind Sportarten wie Pilates oder Yoga, wo Sie auch dank der Atmung viel über Ihren Beckenboden erfahren.
Extra-Tipp
Richtig Spaß bringt Beckenboden-Training mit Hilfsmitteln. Dafür eignet sich etwa der Pilatesring, den Sie zwischen beiden Knien anlegen und dann versuchen, mit der Kraft der Innenseiten der Oberschenkel zusammenzudrücken. Auch nice: ein Pezziball, auf den Sie die Fersen abstützen und so auf dem Boden liegend in die erschwerte Schulterbrücke gehen. Aber auch Gymnastik mit Mini-Bändern, Theraband oder Hula-Hoop-Reifen stärkt den Beckenboden. Have Fun!